Haushaltsreden
Haushaltsrede 2012

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Als ich im Dezember 2005 die Haltung der Freien Wähler zum Haushalt für das 2006 mit einem Diagramm zur Einnahmen- und Ausgabenentwicklung veranschaulichte, wurde die Brisanz dieser Zahlen im Wesentlichen ignoriert. Unsere heutige Finanzmisere als Stadt mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland bahnte sich jedoch damals schon längst an und war auch vor sechs Jahren schon abzusehen.
Inzwischen hat sich vieles geändert:
- Die Schulden der Stadt sind noch weiter angewachsen (schlecht!)
- Im Stadtrat wird unter Zuhilfenahme von Diagrammen die Entwicklung der Kaiserslauterer Finanzsituation aufgezeigt (gut!)
- Auf einer Einwohnerversammlung werden die Bürger mit der Problematik vertraut gemacht (gut!)
Zusammenfassend kann man sagen: der Ernst der Haushaltslage ist nunmehr bei allen Stadtratsmitgliedern und bei großen Teilen der Bevölkerung angekommen. Vielleicht wurden 2005, in freudiger Erwartung der Fußball-WM, sehenden Auges die Probleme einfach verdrängt.
Was ist nun zu tun?
Die Freien Wähler werben schon seit vielen Jahren dafür, einerseits sehr sparsam zu wirtschaften und alle Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen, andererseits in Projekte zu investieren, die Kaiserslautern fit für die Zukunft machen.
Der Beitritt zum Kommunalen Entschuldungsfond (KEF) ist aus Sicht der FWG unbedingt notwendig, und wir sind froh, dass dies fast alle Ratsfraktionen genauso sehen. Auf 16,5 Mio. € Landeszuschuss jährlich für die Dauer von 15 Jahren können wir nicht verzichten. Die Mehrerträge, die die Stadt generieren muss durch Gebühren- und Steuererhöhungen und die Einsparungen, die die Stadt durch Streichen von Leistungen zu erbringen hat, haben dem Haupt- und Finanzausschuss nicht geringe Probleme bereitet.
Die Freien Wähler befürworten einen Beitritt zum KEF. Denn er stellt eine vernünftige Chance dar, in einen Schuldenabbau einzusteigen. Wichtig ist für uns dabei, die erhöhten Belastungen durch Steuer- und Gebührenerhöhungen und die Einsparmaßnahmen auf möglichst vielen Schultern zu verteilen.
Den Mehreinnahmen durch:
- Die Erhöhung der Gewerbesteuer zu Beginn des Jahres 2011
- Erhöhung der Grundsteuer
- Parkgebühr auch schon in der ersten halben Stunde und für städtische Mitarbeiter und Ratsmitglieder
- Erhöhung von Eintrittspreisen (Konzerte, Schwimmbäder, Eisbahn, etc.)
hat die FWG genauso zugestimmt wir der Kostenersparnis durch:
- Die Reduzierung der Heizleistung beim Warmfreibad
- Den Wegfall des Begrüßungsgeldes für Studierende
- Die Reduzierung von Standards (Gebäudeunterhaltung, Reinigung, Grünanlagen, etc.)
So ist jeder Bürger auf die eine oder andere Art belastet und trägt seinen Teil dazu bei, die Zukunft Kaiserslauterns zu sichern.
Bei zwei Punkten der „Streichliste“ setzte die FWG jedoch durch, dass sie nicht wie vorgesehen umgesetzt werden.
Dies ist zum einen die Umweltberatung. Es ist bekannt, dass sehr viele Menschen das Angebot der Umweltberatung nutzen. Diese Arbeit ist für die Bürger unserer Stadt sehr bedeutsam. Von der Bevölkerung gibt es viele positive Rückmeldungen, da hier Kompetenz mit Engagement gepaart für die Bürger zu erleben sind. Die Umweltberatung als Schnittstelle zwischen Verwaltung, Verbänden und den Bürgern muss aus Sicht der Freien Wähler unbedingt erhalten bleiben. Der nachhaltige Umgang mit der Umwelt spart uns auf Dauer mehr Geld, als die Umweltberatung kostet.
Außerdem hat sich die FWG dafür eingesetzt, dass die Sportförderung nicht halbiert, sondern nur um 200 000 € gekürzt wird. Die Zuschüsse an die Sportvereine hängen von der Anzahl der jugendlichen Mitglieder im Verein ab. Sie können somit als Teil der Jugendsozialarbeit gewertet werden: Den Kindern und Jugendlichen kann nämlich durch die kommunale Förderung eine sinnvolle und gesunde Freizeitbeschäftigung zu günstigen Bedingungen angeboten werden.
Noch einige Bemerkungen zum Warmfreibad:
Die Kosten für die Heizung sind von 42 600 € im Jahr 2003 (Rechnungsergebnis) auf 73 500 € (Haushaltsansatz) im laufenden Jahr gestiegen. Dies bedeutet eine Steigerung von mehr als 70 % innerhalb von 8 Jahren! Und ich gebe zu bedenken, dass die Energiekosten mittlerweile noch viel stärker anziehen. Deshalb stimmt die FWG einer Reduzierung der Heizleistung zu. Im Frühsommer wird das Wasser nur auf 22°C erwärmt und im Hochsommer wird es ganz sicher durch die Sonneneinstrahlung wärmer werden. Da schafft es ja die eher kühle Waschmühle auf mehr als 24°C.
Im Kulturbereich beträgt die Summe der Saldi ca. 8,25 Mio. €. D.h. die Zuschusssumme für das Theodor-Zink-Museum, die Konzerte, die Musikschule, die Stadtbibliothek oder die Fruchthalle beträgt mehr als 8 Mio. €. Dabei sind also die Einnahmen schon in Abzug gebracht. Kulturförderung ist auch den Freien Wählern wichtig. Uns ist aber auch wichtig, die Sinnhaftigkeit der Angebote im Blick zu haben. Aus diesem Grund befürworten wir, dass Ausstellungen in der Fruchthalle aufgegeben werden. Die Stadt Kaiserslautern finanziert durch ihre Mitgliedschaft im Bezirksverband auch die Pfalzgalerie. Warum sollten wir einer Einrichtung, an der wir als Stadt beteiligt sind, Konkurrenz machen? Noch dazu mit schlechteren Mitteln, was die Finanzen und die Personalausstattung betrifft. Effizient zu handeln kann in diesem Fall nur bedeuten, der Institution die Aufgabe zu übertragen, die sie besser meistern kann.
Für viele Haushaltsansätze gilt, dass wir als Ratsmitglieder die Zahlen nur mit denen der Vorjahre in Bezug setzen können. Woher sollen wir wissen ob z.B. 170 000 € Personalkosten für die Adoptionsvermittlung, 30 000 € für die Aus- und Fortbildung des Personals der integrierten Leitstelle oder 20 600 € als bilanzielle Abschreibung für das Produkt kommunale Abfallwirtschaft angemessen sind. D.h. die Ansätze werden mehr oder minder Jahr für Jahr fortgeschrieben.
Besonders in den Teilhaushalten Soziales und Jugend und Sport ist eine solche Vorgehensweise sehr unbefriedigend. Im Bereich Soziales beträgt der Ansatz für die Einnahmen ca. 32 Mio. €, der für die Summe der Ausgaben ca. 69 Mio. €. Für den Teilhaushalt Jugend und Sport beläuft sich die Unterdeckung auf 34,5 Mio. €. Für diese beiden Aufgabengebiete müssen 71,5 Mio. € von der Stadt aufgebracht werden. Damit beträgt allein diese Summe das 1,7-fache der erwarteten Einnahmen durch die Gewerbesteuer! Sparsames Wirtschaften sollte also gerade in den Teilhaushalten 11 und 12 wirkungsvoll und notwendig sein. Aus diesen Überlegungen heraus haben die Freien Wähler die Verwaltung um Vergleichszahlen für eine Reihe von Produkten bzw. Konten gebeten. Wir Ratsmitglieder benötigen Kennzahlenvergleiche, die unsere Kaiserslauterer Ansätze mit denen der anderen Oberzentren in Rheinland-Pfalz in Bezug stellen. Ich bin davon überzeugt, dass uns die Verwaltung dort, wo sehr unterschiedliche Voraussetzungen einen direkten Vergleich verbieten, die Hintergründe erläutern und ihre Ansätze erklären kann. (Beispiel: Trier unterhält keine kommunalen Kitas.).
In der Kürze der Zeit und weil nur in Teilbereichen Vergleichszahlen schon vorlagen, konnte die Verwaltung nur einzelne der nachgefragten Vergleichswerte liefern. Dafür nochmals vielen Dank. Schon diese wenigen Zahlen belegen:
- Dass die Heimkosten pro Jugendlichem und Monat in Kaiserslautern mit durchschnittlich 3 907 € zwar sehr hoch sind, aber nur 37 € über dem Durchschnittswert für kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz liegen.
- Die Aufwendungen pro Jugendlichem für die Unterbringung in einer Tagesgruppe in Kaiserslautern mit 1 680 € um fast 300 € über dem Durchschnittswert für die kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz liegen. Dass es in Kaiserslautern nur einen Anbieter für diese Leistung gibt, ist eine Tatsache, die wir nicht einfach so hinnehmen sollten. Könnten wir die Kosten auf den Durchschnittswert senken, ließen sich jährlich fast 200 000 € einsparen.
- Auch im Bereich der sozialpädagogischen Familienhilfe liegen wir mit einem monatlichen Fallbetrag von 680 € um 147 € über dem Vergleichswert.
Diese drei Beispiele zeigen, dass es notwendig ist, die Ansätze in den Teilhaushalten 11 und 12 einem Vergleich zu unterziehen. Es ist die Frage: Wie wirtschaftlich arbeitet unsere Sozialverwaltung?
Sehr geehrter Herr Färber, ich bitte die Verwaltung, die von mir angefragten Vergleichswerte im Laufe des kommenden Jahres zu ermitteln, so dass wir uns für die nächsten Haushaltsberatungen auch auf Vergleichszahlen stützen können.
Das Personalkostenkonsolidierungskonzept ist weitaus besser als sein Ruf. Trotz Personalmehrungen z.B. im Bereich der Kindertagesstätten und der Tariferhöhungen wird versucht, die Personalkosten zu minimieren. Die im Bericht des Personalreferates genannten 7,6 Mio. €, die durch die Erstattung von Personalaufwendungen zustande kommen, stellen keine echte Minimierung der Personalkosten dar. Es werden Leistungen für Dritte erbracht, die von Dritten auch zu zahlen sind. Echte Einsparungen im Personaletat werden mit Stellenreduzierungen (200 000 €), mit der Auslagerung der Trägerschaft für die betreuende Grundschule (400 000 €), mit dem Verzicht auf Vertretungen (600 000 €) und vor allen Dingen mit der zeitlich begrenzten Wiederbesetzungssperre (1,23 Mio. €) erzielt.
Die Personalkosten mit über 80 Mio. € sind eine wichtige Ausgabenstelle, die sich für Reduzierungen anbietet. Um den vorgeschlagenen Weg zur Einsparung von 100 Stellen innerhalb der nächsten vier Jahre umsetzen zu können, bedarf es eines äußerst geschickten Vorgehens der Verwaltung, nicht nur der Personalverwaltung. Denn jede weggefallene Stelle impliziert eine Streichung von Aufgaben.
Die FWG sieht durchaus die Notwendigkeit des Stellenabbaus, wir fragen uns aber, ob nicht zuerst eine Aufgabendiskussion hätte durchgeführt werden müssen. Analog zu der Frage: Was war zuerst da Henne oder Ei? Müssen wir uns fragen: Streichen wir zuerst die Aufgaben oder die Stellen? Dies kann weder die Verwaltung alleine noch der Personalausschuss oder der Stadtrat alleine bewältigen.
Die drei Tochtergesellschaften der Stadt: Bau AG, Stadtsparkasse und Stadtwerke haben vor einigen Jahren jeweils eine Stiftung eingerichtet. Diese unterstützen mit Beträgen zwischen 5 000 und 10 000 € diverse Einrichtungen.
Die FWG regt an, über eine gemeinsame gemeinnützige Stiftung dieser drei Gesellschaften nachzudenken, die ähnlich wie die Weimarer Bürgerstiftung aufgebaut ist. Diese nimmt auch Spenden an, die zeitnah ausgeschüttet werden sollen. Ein Teil der Gewinnausschüttung der Gesellschaften könnte als Spende der Stiftung zufließen. Steuerlich begünstigt kommen somit viel größere Summen zur Auszahlung als durch eine konventionelle Stiftung. Damit könnte es gelingen, Aufgaben aus dem freiwilligen Leistungsbereich der Kommune zu übernehmen und sicherzustellen, dass diese auch in Zeiten knapper Kassen nicht unter den Tisch fallen.
Das Wort Konnexitätsprinzip wurde schon in den Achtziger/Neunziger Jahren durch die Freien Wählern geprägt. Die Verteilung von Aufgaben und Mitteln nach diesem Prinzip ist eine zentrale Forderung der FWG und ich habe sie schon viele Male auch hier an dieser Stelle vorgebracht. Ich freue mich, dass der Rat mittlerweile einhellig das Konnexitätsprinzip vertritt.
Deshalb bitte ich alle Mitglieder der Parteien, die in Land oder Bund in Regierungsverantwortung stehen, das Konnexitätsprinzip einzufordern. Denn gleich welche Möglichkeit zur Generierung von Einnahmen uns noch einfällt und welche Einsparpläne wir in Kaiserslautern noch entwickeln werden, von unserer Schuldenlast können wir uns alleine nicht befreien. Nicht, so lange wir gesetzliche Aufgaben erfüllen müssen ohne ausreichende Mittel dafür zu erhalten. Die Kommunalen Haushalte – insbesondere der größeren Städte – sind chronisch unterfinanziert. Und das ist den Verantwortlichen in Bund und Land durchaus bekannt. Aber wir werden bisher mit diesem Problem alleine gelassen, daran ändert auch der KEF nichts.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegende Haushaltsentwurf entspricht nicht den Wunschvorstellungen der FWG-Fraktion. Es stellt aber – wenn man die finanzielle Situation der Stadt berücksichtigt – eine akzeptable Lösung dar. Deshalb werden die Freien Wähler dem Haushaltsentwurf zustimmen.
Zu guter Letzt möchte ich allen Damen und Herren der Verwaltung, die an der Aufstellung des Haushaltsplanes mitgewirkt haben, für ihren Einsatz danken.
Allen Anwesenden danke ich für ihr aufmerksames Zuhören.
20.12.2011, 19:00, FWG-Fraktionsvorsitzende Gabriele Wollenweber