Haushaltsreden

Rede zum Doppelhaushalt 2015/2016
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wir haben nunmehr fünf Haushaltsreden gehört, die zu ganz unterschiedlichen Bewertungen des vorliegenden Haushaltsentwurfs kommen. Jede Fraktion nimmt einen eigenen Blickwinkel ein, setzt andere Schwerpunkte – lobt oder tadelt deshalb in der Haushaltsrede. Aber so unterschiedlich die Äußerungen meiner Vorredner zum Haushaltsentwurf sind, so haben wir Ratsmitglieder doch alle ein Ziel: Wir wollen unsere Stadt entwickeln, sie in eine positive Zukunft führen.
Die konkreten Vorstellungen von diesem Ziel und noch viel mehr die Wege dahin unterscheiden sich zum Teil erheblich, aber die Mitglieder aller Fraktionen hier im Rat setzen ihre Zeit und Kraft dafür ein, um an der Zukunft Kaiserslauterns zu arbeiten. Und wir tun dies ehrenamtlich! Dies sollten wir bei allen Differenzen bedenken.
Wie schon seit nunmehr 22 Jahren haben wir es mit einem nicht ausgeglichen Haushalt zu tun. Dass dies so ist, liegt im Wesentlich an der Unterdeckung in den beiden Teilhaushalten „Soziales“ und „Jugend und Sport“. Bund und Land übertragen den Kommunen eine Reihe von Aufgaben ohne jedoch entsprechende Finanzmittel zu übertragen. Dies fängt bei dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kleinkinder an und hört bei der Schulbuchausleihe noch lange nicht auf. Wie viele andere Städte auch, können wir in Kaiserslautern diese Unterdeckung von knapp 83 Mio. € (85 Mio. €) abmildern aber nicht durch hohe andere Einnahmen ausgleichen. Aber auch dort, wo der Bund die Leistungszahlungen zu 100 % übernimmt, entsteht ein Fehlbedarf. Die Personal- und Sachkosten für den Verwaltungsaufwand bleiben gänzlich bei der Stadt hängen. Die FWG hat da ein anderes Verständnis von Konnexität.
Wie können wir in dieser Situation reagieren, welche Initiativen können wir in Kaiserslautern ergreifen, um auch vorausschauend gegen eine sich immer schneller drehende Schuldenspirale agieren zu können?
Es versteht sich von selbst, dass sich der Rat und die Verwaltung nach den Prinzipien eines verantwortlichen Haushaltens ausrichten müssen.
Auch die Teilnahme am Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) des Landes ist wichtig. Sie bringt uns jährlich ca. 16,8 Mio. € und sorgt für eine Verringerung des Schuldenanstiegs. Das reicht aber bei weitem nicht aus. Wichtig ist die Zusammenarbeit mit anderen betroffenen Städten. So begrüßt die FWG die Unterstützung der Musterklage der Stadt Pirmasens so wie im Städtetag von Rheinland-Pfalz beschlossen. Einen Beitritt zur Klage halten wir – im Gegensatz zu manch anderer Fraktion hier im Rat – nicht für angebracht und notwendig. Eine Klage gegen die Bescheide über die Zuweisungen des Landes muss noch sorgfältig geprüft werden. Die FWGFraktion schließt eine solche Klage keinesfalls aus.
Der Beitritt Kaiserslauterns zum Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ ist ein weiterer Baustein auf dem Weg zu einer angestrebten Verbesserung der Finanzausstattung der Kommunen. Die FWG hofft, dass die geballte Kraft von vielen Städten im nächsten Februar in Berlin Wirkung zeigt. Es kann doch nicht sein, dass der Bund Ende November einen ausgeglichenen Haushalt – zu Lasten der Kommunen – beschließt, und die meisten Städte immer mehr im Schuldensumpf versinken.
Die Freien Wähler begrüßen, dass in Kaiserslautern trotz der Finanzmisere die Förderung des Breitensports – geknüpft an die Zahl der jugendlichen Mitglieder – weiter erfolgen kann und dass keine Einrichtung in Kaiserslautern geschlossen wird. Die Schwimmbäder, die Stadtbibliothek, Jugendhaus und Jugendzentrum, die Kammgarn, Museen und Kultureinrichtungen werden weiter finanziert. Das Kulturangebot wird sogar sinnvoll erweitert durch neue Konzertreihen, die die Jugend ansprechen und zu einer Verbesserung der Einnahmen führen sollen.
Auch der Zoo – neuerdings als außerschulischer Lernort anerkannt – ist für die nächsten Jahre in seinem Bestand gesichert und wir hoffen, dass er sich durch die vorgesehene Finanzausstattung wie geplant weiter entwickeln kann. Die Zooleitung und die Mitarbeiter des Zoos haben in den letzten Monaten viel Zeit und Engagement in die Erarbeitung eines neuen Konzeptes gesteckt. Die FWG hegt die Erwartung, dass die Zoobesucher die geplanten Innovationen zu schätzen wissen und die Besucherzahlen dies widerspiegeln werden.
Eine Stadt ist kein Unternehmen, das „Produkte“ herstellt und vertreibt. Vielmehr geht es doch um Menschen vom Kind bis zum Greis, die hier leben und um deren Bedürfnisse. Trotzdem zwingt uns das Rechnungswesen nach der Doppik eine Konzernbilanz zu erstellen. In diesem Zusammenhang möchte ich die vorgesehenen Investitionen betrachten. Einer Investitionssumme von 34,7 Mio. € (35,1 Mio. €) stehen Abschreibungen von ca. 30 Mio. € gegenüber. Nur dann, wenn mehr investiert als abgeschrieben wird, wird nicht nur das Vermögen verzehrt, es werden auch neue Werte aufgebaut. Dies muss man auch bedenken, wenn die Nettoneuverschuldung von fast 8 Mio. € (~ 8,4 Mio. €) betrachtet wird. Das zunächst reizvoll klingende Ziel: Keine Nettoneuverschuldung wäre eben nur zu dem Preis von weniger sinnvollen Investitionen zu bekommen gewesen. Im Haushaltsentwurf sind jedoch keine Positionen zu finden, die ohne Weiteres gestrichen werden könnten. Nur absolut notwendige Investitionen für das Gemeinwohl sind vorgesehen. Der Haupt- und Finanzausschuss hat dies während der Haushaltsberatungen genauso gesehen.
Das bedeutendste Projekt wird die Sanierung und Entwicklung des Pfaffgeländes sein. Für 85 % der Fläche zeichnet die Stadt verantwortlich. Die FWG befürwortet eine schrittweise Entwicklung, die vom generationsübergreifenden Wohnen bis zu Forschungseinrichtungen, vom Verwaltungsgebäude der SWK bis zu Einfamilienhäusern einen lebendigen Stadtteil entstehen lässt.
Weitere wichtige Vorhaben sind: Die Fertigstellung und Vermarktung der Europahöhe, die Fortführung der Sanierung der BBS II, die Sanierung der Grundschule Betzenberg und des Schulzentrums Süd aber auch die Erweiterung des Bürgerhauses auf dem Einsiedlerhof und die Sanierung bzw. Erneuerung der Jakob-Pfeiffer-Brücke. Bei den zuletzt genannten Vorhaben geht die FWG davon aus, dass der Ortsbeirat schon in der Planungsphase mit eingebunden wird. Wer Ortsbeiräte ernst nimmt, ja sie in ihren Kompetenzen stärken möchte, muss sich an ihren Beschlüssen orientieren. Nur so können nämlich die örtlichen Bedürfnisse und Probleme angemessen berücksichtigt werden.
Die Personalkosten stellen einen weiteren großen Ausgabenfaktor im Haushaltsentwurf dar. Ca. 90 Mio. € bzw. knapp 94 Mio. € müssen dafür in den nächsten zwei Jahren eingeplant werden. Der Anstieg dieser Summe ist im Wesentlichen den Tariferhöhungen geschuldet. Nach mehreren Einsparungsrunden und nach der Umsetzung des 100-Stellen-Beschlusses verbleibt nunmehr kein weiterer Spielraum für Personaleinsparungen. Hier darf es keine weiteren, vor allen Dingen keine pauschalen Kürzungen geben. Die Tatsache, dass in Kaiserslautern auch die Kinder unter 3 Jahren relativ gut mit Betreuungsangeboten versorgt sind, begründet den Bedarf an einer Vielzahl von Erzieherinnen und Erziehern. Personalmehrungen gab es hier in den letzten Jahren durch das Einrichten neuer Kindertagesstätten. Die FWG steht dazu, denn es ist sinnvoll, Geld in Kinder zu investieren und junge Familien bei der Erziehungsaufgabe zu unterstützen.
Sparen an der falschen Stelle kann richtig viel Geld kosten. Die FWG regt deshalb an, sowohl im Baubereich, wo es um Planung und Bauüberwachung geht, als auch bei der Sozialverwaltung, wo es um die Fortschreibung von Hilfeplänen geht, die Personalausstattung zu überprüfen. Wenn es kostengünstiger ist, dass städtische Mitarbeiter Aufgaben übernehmen statt diese nach außen zu vergeben, sollten auch neue Stellen geschaffen werden können.
Das muss man sorgfältig berechnen und dann abwägen.
Aus Sicht der FWG erscheint der Haushaltsentwurf im Gesamtbild ausgewogen. Deshalb stimmt die FWG-Fraktion dem Haushalt zu.
Zu guter Letzt möchte ich allen Damen und Herren der Verwaltung, die an der Aufstellung des Haushaltsplanes mitgewirkt haben, für ihren Einsatz danken.
Allen Anwesenden danke ich für ihr aufmerksames Zuhören.
20.12.2014, 19:00, FWG-Fraktionsvorsitzende Gabriele Wollenweber